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Hier sind mindestens zwei Traditionslinien zu unterscheiden. Die erste geht von Moses 1, Kap. 18, also vom Alten Testament, aus und wird deshalb auch als altestamentarische Dreifaltigkeit bezeichnet. Der Sohn, Jesus, spielt klarerweise keine Rolle. Gott erscheint Abraham hier in dreierlei Gestalt, was später - in Nicäa und Konstatinopel - als drei 'personae' gedeutet werden konnte.
6 Abraham eilte in die Hütte zu Sara und sprach: Eile und menge drei Maß Semmelmehl, knete und backe Kuchen. 7 Er aber lief zu den Rindern und holte ein zartes, gutes Kalb und gab's dem Knechte; der eilte und bereitete es zu. 8 Und er trug auf Butter und Milch und von dem Kalbe, das er zubereitet hatte, und setzte es ihnen vor und blieb stehen vor ihnen unter dem Baum, und sie aßen.
Luther erklärt diese Stelle in Die gantze Heilige Schrifft Deudsch 1545 folgendermaßen: 'Fur einem felt er nider / vnd redet auch als mit einem / vnd doch mit dreien. Da ist die Dreifaltigkeit in Gott angezeigt.'
Eine frühe Darstellung findet sich als Mosaik in einer Lünette des Presbyteriums von San Vitale in Ravenna. Dreigeteilte Fenster oberhalb und unterhalb unterstreichen die Trias der Engel.
Abb. 1: Die alttestamentliche Darstellung der Dreifaltigkeit, Mosaik, von San Vitale, Ravenna, 6. JH
Die zweite Traditionslinie folgt im Kern der nicäanischen Trinitätslehre. Sie findet sich in Ikonen und vor allen in Metallkreuzen in orthodoxen Kirchen
Abb. 2a: Altarkreuz (Racpjatmue Xrucmowo)19JH
2b: Trinität von Schdan Dementjew, 1633, Beide: Kirillo-Beserski Kloster, Rußland
Häufig, aber in den Ikonen nicht immer, wird von Oben nach Unten die Reihenfolge Gottvater, Heiliger Geist und Sohn eingehalten. Die sogenannten altgläubigen Orthodoxen lehnen die Darstellung der Dreifaltigkeit durch Menschen zwar ab, erlauben aber den Guß von Kreuzen mit solchen Abbildungen, also die Reduktion der Visualisierung auf einen chemischen Prozeß. Allerdings bleibt die Stelle im Mittelpunkt der Kreuze, wo ansonsten die Taube situiert wird, blank. Es zeigt sich wieder die Scheu und Schwierigkeit der Visualiserung der Dreieinigkeit.
Als Fazit aus der kurzgefaßten Geschichte der Darstellung der Dreifaltigkeit mag festgehalten werden, daß alle Darstellungen triadischer Modelle und Prinzipien auf zweidimensionaler Projektionsfläche unbefriedigend bleiben. Man braucht Körper in Räumen und Bewegungen in der Zeit. Eine Reduktion von Architekturen auf zweidimensionale Strukturen bringt die triadische Komplexität zum Verschwinden. Eine bittere Konsequenz dürfte sein, daß sich das NTD nicht allein aus Büchern lernen läßt - was zu einer Abkehr von den Idealen der Buchkultur nötigt.