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Lehre von der Beschreibung von → Geschichte von Objekten.
Ob es sinnvoll ist, die Beschreibung der → Eigenzeiten der Dinge auch 'Historiographie' zu nennen, mag derweil offen bleiben. Letztlich geht es um die Frage, auf welchem Abstraktionsniveau H. angesiedelt werden soll. Klar ist, daß es Unterschiede zwischen einer Beschreibung der Zeit von Artmodelle, z.B. des Krieges überhaupt und jener von Individuen gibt. Das triadische Historiographiemodell prämiert Fallgeschichten. Das wird mit Blick auf die → Biographie plausibel, deren Objekt Individuen und und keine Idealtypen sind.
Sie ist im Verständnis des NTD die Lehre/das Programm einer Art von Handeln (individuelle Praktik)und einer Art epistemischer Praxis. Hauptsächlich geht es um die Beschreibung der Geschichte der Praxisklassen, also der Interaktions-, Sozial- und Kulturgeschichte. Bei der Beschreibung kann die abstrakte Basistriade der Geschichte als emergentes Produkt von Ereignis-, Veränderungs- und Entwicklungsgeschichte zugrundegelegt werden.
Die einfachste Form der Ereignisgeschichte sind Chroniken. Ereignisse werden auf einem Zeitstrahl angeordnet, mindestens durch ein Vorher und Nachher, in vollendeter Form durch die Zuordnung zu einem skalierten Zeitstrahl mit Jahreszahlen. Dazu muß die Vorstellung eines Zeitraumes mit Zeitachsen genutzt werden.
Die Identifizierung von historischen Prozessen setzt sowohl die Feststellung von Veränderungen als auch die Typisierung von Prozessen voraus.
Sobald Anfang und Ende einer Geschichtsschreibung festgelegt werden, wir also eine - oder mehrere - Sequenzen aus dem ewigen Wandel des Kosmos herausschneiden, beginnt eine Systembildung. Hinter den Grenzziehungen stecken Idealvorstellungen, die dann auch auf den Ablauf, auf relevante Transformationen, zurückwirken. Spätestens an diesem Punkt der Forschung gewinnen Werte in Form von Zweckvorstellungen über die Praxis und Steuerungszielen eine entscheidende Rolle.
Sobald Ziele von Prozessen - und sei es nur 'Wachstum' - angenommen werden, spielen Bewertungen immer eine Rolle. Dies wird besonders klar, wenn negative Entwicklungen als 'Niedergang' beschrieben oder Krisen behauptet werden.
Entwicklungsgeschichten setzten die Konstruktion von Phasenmodelle voraus, die Ziele der Praxis werden in Teilziele bzw. Teilaufgaben dekomponiert. Die Phasenmodelle nutzen - meist lineare - Vorstellungen über Zeitläufe. Das NTD schlägt vor, möglichst mit dreiphasigen Modellen über den Verlauf der Praxis - und anderer Dinge - zu arbeiten.
Die Bewertung von Veränderungen: Entwicklungs- und Niedergangsgeschichten
Werden Veränderungen bemerkt und als Informationen verarbeitet, bleibt es selten bei ihrer bloßen Feststellung. Sie sind nicht nur Daten, auch nicht Kombinationen von Daten, die zur Feststellung von Unterschieden führen - also eine Minimalform eines kognitiven Modells -, sie werden darüberhinaus bewertet: "Diese Veränderung ist mit den Zwecken der Praxis gut verträglich, jene eher eine Störung usf.!" Die typologische Infomationstriade kommt hier voll zur Geltung. Informationsverarbeitung erhebt Daten, modelliert sie und bewertet sie nach den Funktion der Praxis. So auch, wenn es um dynamische Vorgänge geht und eine Zeitdimension als Vergleichsmaßstab genutzt wird. Sobald solche Bewertungen in professioneller Praxis und in den Wissenschaften erfolgen, liegen ihnen Modelle bzw. Klassifikationen zugrunde.
In der Geschichtswissenschaften ebenso wie im politischen Diskurs werden Beschreibungen von Aufstieg, Blüte und Niedergang von Systemen - Kulturen zumal - zwar gern als altbacken abgetan, aber niemand scheint um Bewertungen der Faktoren der Triade der historischen Zeit umhin zukommen. Seit Europa als Europäische Union in der politischen Agenda nach oben gerutscht ist oder geschoben wurde, betrachtet man das Europa der Nationalstaaten nicht bloß als Vorgeschichte der Gegenwart sondern als Niedergangsphase. Täte man dies nicht, hätte man andere Pläne für die Zukunft.
Historiographie der Praxis
Eine Wahrnehmung und Beschreibung der Zeit der Praxis findet in jeder individuellen Praxis statt. Sie ist Voraussetzung der Steuerung und Regelung der Praxis. Man kann insofern von einer permanenten historiographischen Aktivität der Praxis sprechen. Sie ist ein Spezialfall der allfälligen Selbstbeschreibungen/ → Selbstreferenz der Praxis.
Darüber hinaus ist es möglich, eine Praxis zu institutionalisieren, deren prämierter Zweck die Erstellung von Historiographien ist. Jede Geschichtswissenschaft tut genau dies.
Biographie
Geht es nicht um die Geschichte sozialer oder kultureller Praxis sondern um den Lebensweg von Menschen, muß die historiographische Triade modifiziert werden. Die Objektzeit des Menschen wird vom NTD als → Lebenszeit gefaßt und in → Biographien beschrieben. Man kann als dritten Faktor auch hier eine Entwicklungsgeschichte annehmen, wenn man die Dimension der Bewertung von Zustandsveränderungen durch die Persönlichkeit betonen will, bietet sich der Oberbegriff Erlebnisgeschichte an.
Biographiebasistriade