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Das Abfahrtsrennen ist sowohl eine individuelle als auch eine soziale und eine kulturelle Praxis.
Die Prozesse, die Architekturen und Dinge erscheinen unterschiedlich in den drei Klassen der Praxis.
Es hat eine dynamische Dimension, findet zu einem bestimmten Datum statt, hat einen Ablauf und eine Dauer.
Es hat eine Architektur, gibt der individuellen Praxis zum Beispiel der Rennfahrer ein Setting vor, nachdem er sich zu richten hat. Es gibt soziale Strukturen, in die er sich einordnet. Und alles findet in einem kulturellen Raum statt, der Rahmenbedingungen für die Individuen und sozialen Wesen setzt.
Drittens ist ist ein Rennen, wie zum Beispiel die Abfahrt am Lauberhorn ein Ding, welches sich von anderen Dingen, zum Beispiel deren Rennen am Hahnekamm in Kitzbühel unter scheidet. Die Rennen sind abgegrenzt voneinander und von anderen Praxen. Sie brauchen Schnee, physikalische und weitere materielleVoraussetzungen. Sie sind so informativ, daß die Medien sie großzügig ausstrahlen. Sie prämieren die Energie vor allem jene der Rennläufer.
Für die Person des Rennläufers, z.B. Beat Feuz, steht die individuelle Praxis auf der Piste im Vordergrund. Aber er bleibt Teilnehmer der sozialen Praxis. Diese beginnt weit vor den beiden Läufen und endet auch nicht mit der Siegerehrung. Vielfältige Ablaufschemata und soziale Strukturen werden erzeugt.
Das Lauberhornrennen würde anders ausfallen, wenn es sich hier nicht auch um ein kulturelles Ereignis mit einer gewissen Geschichte handelte. Mensch, Natur und Technik wirken zusammen. Der Wettkampf ist einerseits an eine bestimmte geographische Position im Berner Oberland und natürliche Gegebenheiten, die etwa sehr hohe Geschwindigkeite ermöglichen, gebunden. Andererseits ist die Veranstaltung ein technisches Ereignis. Es bedarf einer Unzahl an Maschinen und Werkzeugen, deren Entwicklungsstand die Qualität jeder konkreten Rennveranstaltung mitbestimmen. In Koevolution mit Natur und Technik befindet sich auch der Rennläufer als Gattungswesen. Seine Leistungen haben sich stark verändert. Aber wie stark die Grenzen auch in der Geschichte des Rennens ausgeweitet wurden, es bleiben Grenzen, die durch die biophysiologische Konstitution festgelegt sind.